Projektsteckbrief – Die Streuobstwiese als vielfältiger Er-Lebensraum

von Florian Rüdisser

Zusammenfassung

Der Verein »Leben in Gemeinschaft« verwandelt den ehemaligen Truppenübungsplatz der Kaserne Fehring in eine Streuobstwiese mit Heckenelementen und bewirtschaftet diese fachgerecht mit Unterstützung von Krainer Steinschafen und Bienenvölkern. Die anfallenden Produkte werden in der Gemeinschaftsküche verarbeitet und veredelt. Die geplante Streuobstwiese setzt einen beispielhaften und ökologisch wertvollen Kontrapunkt in dem von intensiven Monokulturen geprägten Raabtal.

Unsere Vision

Durch die Synergieeffekte mit den angrenzenden Biotopschutzflächen entsteht ein großer zusammenhängender Landschaftsbereich, der eine hohe Vielfalt an Lebensräumen und Mikrobiotopen aufweist.

Konkrete Ziele im Projekt

  • Wir schaffen durch die Streuobstwiese einen wesentlichen Beitrag zum Arten- und Naturschutz auf dem ehemalig militärisch genutzten Truppenübungsplatz.
  • Achtsame Nutzung und Vielfalt schließen sich aus unserer Sicht nicht aus, sondern sind zwei wesentliche Säulen, an denen sich nachhaltiger Umgang mit Landschaft orientieren soll und in unserem Projekt erlebbar gemacht wird.
  • Durch das besondere Bestandsklima innerhalb der Streuobstwiesen wirken sich diese auch positiv auf das Klima der Umgebung aus. In Kombination mit den angedachten Heckenelementen aus Wild- und Beerensträuchern reduzieren die Bäume die Windgeschwindigkeiten. Das Grünland der Streuobstwiesen weist eine hohe Kaltluftproduktivität auf.

Motivation für das Projekt

Der Wunsch nach einem nachhaltigen friedvollen Zusammenleben in Vielfalt ist ein zentraler Bestandteil unserer Motivation, ein Ökodorf aufzubauen. Ein wichtiger Baustein auf diesem Weg ist eine ökologisch eingebettete Landwirtschaft, die Verbindungen aus Renaturierung, Biotopschutz und extensiver Bewirtschaftung. Einige Ökodorfbewohner*innen setzen sich bereits mit Ökologie, Biologie und naturnaher Landwirtschaft auseinander, darunter Biolog*innen und Boku-Absolvent*innen, Baumwarte und Baumpfleger. Dieses Projekt ist ein weiterer Beitrag zu einer vielfältigeren und lebenswerteren Welt.

© Gerhard Bruckner

Projektträger

Der Verein »Leben in Gemeinschaft« arbeitet am Aufbau eines Wohn-, Arbeits- und Lebensraumes für über 100 Menschen. Hier werden verschiedene handwerkliche, landwirtschaftliche, soziale und künstlerische Tätigkeiten ausgeübt. Dabei wird einerseits traditionelles Wissen erhalten und weitergegeben, anderseits kommen sinnvolle zukunftsweisende Technologien zum Einsatz und werden weiterentwickelt.

Welche Herausforderungen werden gelöst?

Die Projektwiese befindet sich auf einem Nordhang mit leichtem Gefälle. Der anstehende Boden ist durch teilweise stauendes Hangwasser beeinflusst. Das Bodenprofil zeigt eine stark verdichtete, spärlich durchwurzelte Sperrschichte ab einer Tiefe von etwa 50 cm. Damit die gepflanzten Obstbäume gute Bedingungen vorfinden, ist angedacht, horizontale, etwa 50 cm tiefe Gräben (Swales) mit maximal 2 % Gefälle im Abstand von 15 – 20 m zu ziehen. Die Gräben sollen die Flächen nicht unkontrolliert entwässern, sondern vielmehr für einen ausgewogenen Wasserhaushalt im Boden sorgen. Gleichzeitig finden die Obstbäume auf dem Damm ein lockeres, gut durchlüftetes Substrat vor und können vom Wasser im Graben profitieren.

© Florian Rüdisser

Was ist das Besondere am Projekt?

Der Projektträger »Cambium · Leben in Gemeinschaft« ist ein Modellprojekt für nachhaltigen Lebensstil mit ökologischer Ausrichtung. Das Ökodorf versteht sich als Ort der Vielfalt und der Vernetzung, der viele Möglichkeiten der Wissensvermittlung, Information und Partizipation bietet. Das Projekt kombiniert unterschiedliche an den Standort angepasste Maßnahmen zur Förderung der Vielfalt. Es ist ein Vorzeigemodell in einer sonst sehr konventionell und intensiv bewirtschafteten Agrarlandschaft und passt zur Identität der Region (Obstbauland Südoststeiermark). Die Neuanlage einer Streuobstwiese auf Hanglage mit schwerem Lehmboden wird durch permakulturelle Techniken bewerkstelligt.

Welche wertvollen Lebensräume, Tiere und Pflanzen werden erhalten?

Streuobstwiesen beherbergen eine enorme Artenvielfalt. Sie sind Hotspots der Biodiversität und können Lebensraum für mehr als 5.000 Tier- und Pflanzenarten sein. Mehr als ein Drittel aller heimischen Pflanzenarten haben dort ihr Hauptvorkommen. Zudem wachsen rund 40 Prozent der gefährdeten Pflanzen auf derartigen Grünlandflächen. Neben Wildkräutern und Wildblumen bieten Streuobstwiesen auch einer Unmenge von Insekten und anderen Tieren (Liste siehe unten) Lebensraum, darunter Wirbeltiere wie Vögel und Grasfrösche sowie Heuschrecken und Spinnen bis zur kaum überschaubaren Kleinlebewelt der Blütenbesucher*innen. Zwischen Flora und Fauna bestehen oft enge Wechselbeziehungen. So profitieren Käfer, Bienen und Schmetterlinge nicht nur vom Arten- und Blütenreichtum, sondern auch von zeitlich gestaffelten Blühabfolgen. In intakten Feuchtwiesen leben seltene Wiesenbrüter wie Braunkehlchen, Wiesenpieper, Grauammer und Wachtelkönig. Dazu kommen weitere bodenbrütende Arten wie Feldlerche, Wachtel und Rebhuhn, die ihre Nester ebenfalls in Wiesen und Weiden anlegen.

Geografie der Projektregion

Die geplante Streuobstwiese setzt einen beispielhaften und ökologisch wertvollen Kontrapunkt in dem von intensiven Monokulturen geprägten Raabtal in der Südoststeiermark. Gesamt sind dann rund 4,7 ha des ehemaligen Truppenübungsplatzes dem aktiven Naturschutz gewidmet und als solche kontinuierlich durch den Verein »Leben in Gemeinschaft« genutzt, gepflegt und damit langfristig erhalten.

Klimatische Besonderheiten der Projektregion

Der südöstliche Teil der Steiermark liegt klimatisch im Einflussgebiet des Mittelmeeres in der illyrischen Klimazone. Insbesondere im Herbst bewirken vom Adriatischen Meer kommende Hochdruckgebiete (Adriahochs), dass das Wetter merklich milder ist als in den nördlicheren Gebieten der Steiermark. Auch die Sommer sind wärmer, weshalb die Süd- und Südoststeiermark den Hitzepol Österreichs bilden. Im Hochsommer sind Tage mit über 30 °C keine Seltenheit. Deshalb kommt Kaltluftzonen, Mischwaldflächen und Altbaumbeständen eine besondere Bedeutung zu.

Wie kannst du das Projekt unterstützen?

Regelmäßige Infocafés bieten die Gelegenheit, das Gemeinschaftsprojekt zu besuchen, an Führungen teilzunehmen und die Bewohner*innen kennen zu lernen. Im Rahmen von Aktionstagen und -wochen gibt es Möglichkeit, aktiv mitzuarbeiten: im Garten, in der Landwirtschaft, in der Küche, in den Werkstätten oder im Haus. Durch das Finanzinstrument des Vermögenspool gibt es außerdem die Gelegenheit, Geld wertgesichert anzulegen und das Projekt durch diese Leihgabe zu unterstützen. Nähere Informationen bekommt man über Newsletter, Blog oder Webseite.

(cc by) by Florian Rüdisser

Geschützter Biotoptyp: Erweiterung der bestehenden artenreichen Glatthafer- und Wiesenfuchsschwanzwiesen durch Neuanlage einer Streuobstwiese mit Heckenelementen

Geschützte Tierarten: Insekten: Hornissen, Wildbienen, Admiral, Goldlaufkäfer, Großes Heupferd, Ackerhummel, Tagpfauenauge, Baumwanze, Rote Mauerbiene, Zironenfalter, Sandwespe, Großer Fuchs, Schwalbenschwanz, Kürbisspinne, Gartenkreuzspinne / Amphibien & Reptilien: Blindschleiche, Laubfrosch, Grasfrosch, Erdkröte, Ringelnatter, Waldeidechse / Vögel: Wendehals, Neuntöter Steinkauz, Bienenfresser, Grün- und Buntspecht, Wiedehopf, Rebhuhn, Gimpel, Stieglitz, Kleiber, Ortolan, Rotkopfwürger, Gimpel, Schnäpper / Säugetiere: Siebenschläfer, Baummarder, Igel, Feldspitzmaus, Fledermäuse wie Braunes Langohr oder Bechsteinfledermaus, Mauswiesel, Gartenschläfer, Feldhase

Geschützte Pflanzenarten: Wolliges Honiggras, Wiesen-Storchenschnabel, Wiesen-Schaumkraut, Wiesen-Salbei, Scharfgarbe, Wiesen-Kümmel, Wiesen-Glockenblume, Spitz-Wegerich, Scharfer Hahnenfuß, Margerite, Wiesen-Knäuelgras, Wiesen-Rispengras, Gewöhnlicher Frauenmantel, Wildorchideen, Herbstzeitlose, Wilde Möhre, Wiesen-Goldstern, Echte Betonie (Heilziest)

Projekttitel: Die Streuobstwiese als vielfältiger Er-Lebensraum
Region: Südoststeiermark
Größe der verbesserten Fläche: ca. 2 Hektar
Projektdauer: 01.03.2020 bis 31.07.2020
Finanzierung von »Blühendes Österreich«: 20.000,00 €

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